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Wache Handlungen

Aktuell sind die allermeisten Menschen dieser Erde auf ein Konzept der Dualität ausgerichtet. Gut/ Schlecht, Hell/ Dunkel, Männlich/ Weiblich, Aktiv/ Passiv, Fülle/ Mangel, Tun/ Nicht-Tun, etc…

Beim näherem Betrachten wird schnell klar, diese Art der Perspektive macht aus dem Leben einen Fulltime Job mit Überstunden. Denn um ein Weltbild aufrecht zu erhalten, welches auf Zweiteilung beruht, ist ein Großteil der menschlichen Energien zwangsläufig zum ständigen Beurteilen und Unterscheiden verpflichtet. Das ist ein andauerndes, sich entscheiden müssen für etwas und gegen etwas. Ein Modus des Kämpfens, schließlich muss das Schlechte bekämpft werden, um gut zu sein.

Doch was, wenn das Leben nicht trennbar ist und Dualität ein künstlich herbeigeführter Zustand, der hauptsächlich beschäftigt hält? Was, wenn das Leben stattdessen viel eher Polaritäten anbietet? Pole, die unterschiedlich und doch gleichwertig sind und die sich stets wechselseitig aufeinander beziehen. Und was, wenn es solche Knotenpunkte braucht, damit ein harmonisches Zusammenleben auf der Erde überhaupt als Option zur Verfügung steht?

Ganz wesentlich ist es ein Trennungsgedanke, auf dem ein duales Weltbild beruht, und es ist Beziehung, welche die Polaritäten trägt. Auf der Basis von zwei sehr unterschiedlichen Voraussetzungen, entstehen logischerweise auch verschiedene Arten des Tuns, die wiederum jeder Erfahrung ihre charakteristische Färbung geben. Wobei das Tun alles ist und alles beinhaltet, was du dir vorstellen kannst. Alles was ist, ist Tun, Handeln, Machen, Wirken, Tätigkeit.

Als Menschen tun wir mitfühlen, wir tun zuhören, tun empfangen, tun weiblich und tun schön. Wir tun still, tun manipulativ, tun lieben, tun ignorant, tun sprechen, tun denken, tun schuldig oder tun glücklich. Ebenso tun wir kochen, tun ablenken, tun passiv, tun klug, tun ernst, tun ängstlich, tun verwirrt und tun wohlhabend. Die Liste ist unendlich lang und sie unterliegt deinem eigenen Skript.

Bild: Katrin Pauline Müller

Da wir als Menschheit die letzten Jahrtausende klar dualistisch programmiert wurden, stellt die polare Perspektive einen grundlegenden Wechsel der Ebene dar. Ein Sprung, der häufig als einzige wirkliche Lösungsmöglichkeit für die Schieflage der Welt betrachtet wird, wobei nach wie vor unklar zu sein scheint, wie das Springen gehen soll.

Eine reziproke Lebensweise hält viele unbekannte Möglichkeiten bereit. Anstatt weiter an unzähligen und unaufhaltbaren Symptomen eines kranken Systems herumzudoktern, würde ein grundlegend anderer systemischer Modus einen kompletten Wandel der Welt bedeuten. Das kann verunsichernd und auch erleichternd sein sein, je nachdem, was ein Mensch damit macht. Gerade die unbeliebte Unsicherheit ist wie dafür gemacht, den klar gestimmten inneren Kompass zu schmieden, der die individuellen Erfahrungen, Gaben, Werte und Wünsche repräsentiert.

Ein anderes Wort für solch einen Kompass könnte »Intuition« und auch »Absicht« sein. Ein Mensch mit einer Absicht und somit einer selbstgewählten Aufgabe, hat sich etwas Größerem übergeben. Etwas, das über das eigene Selbst hinausgeht und doch tief im eigenen Selbst verwurzelt ist. Das ist weder gut noch schlecht, es ist ein Wunsch und eine Entscheidung.

In der westlichen Welt sind etliche Menschen auf der Suche nach ihrer Berufung und einem Sinn. Es gibt unzählige Programme, Kurse und Retreats, die dabei helfen sollen, sich selbst und seine Aufgaben zu finden. Wobei zahllosen Menschen ihre Gaben förmlich anzusehen sind, manchmal so deutlich, dass die Berufung hell leuchtend auf der Stirn zu stehen scheint, während die Person selbst noch im Dunkeln tappt. Beziehungsweise tut sie im Dunkeln tappen. Vielleicht tut sie auch unklar oder tut hilflos. Und das was dieser Mensch tut, ist dann auch das, was im Leben erfahren wird. Es ist jedoch möglich, dass dieser Mensch eines Tages ganz anders handelt, nachdem die inneren Absichten beleuchtet und ausgerichtet und eine neue Wahl getroffen wurde.

Ebenso viele Menschen wissen bereits um ihre persönlichen Aufgaben und sie erahnen die Absichten, welche die Polaritäten der Welt im Gleichgewicht halten können. Es geht um ein Erkennen und um eine Wahl des Handelns. Und ich möchte erneut betonen, dass es sich bei keiner dieser Schritte um eine moralische Frage handelt. Die Frage, wofür ein Mensch seine Aufmerksamkeit und seine Energie einsetzt, ist persönlich und hat mit Lernen zu tun.

Wie sehen deine Absichten fürs Leben aus und wie bewusst hast du diese getroffen? Was möchtest du in diesem Leben erfahren und was möchtest du dem Leben schenken? Was für konkrete Konsequenzen hätte es, wenn du dich den Wünschen deines Herzens verpflichten tust und danach handelst? Was würde das in praktischen Schritte ausgedrückt bedeuten?

Der Herbst lädt zum Rückzug und zur Innenschau ein, zum Prüfen, Sortieren und Integrieren. Alle Antworten auf die Frage nach dem Sinn des Lebens, liegen in uns.

(Veröffentlicht am 24.09.2022 auf Matristische Moderne via Steady)

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