Hier findest du Texte aus meinem Newsletter #MatristischeModerne

SINNE 1 #Hören

Ich bin eine große Freundin der Sinne. Diese wundersamen Tore, die mich und »mein Inneres« entweder mit »dem Außen« verbinden oder mich davon trennen. In diesem ersten Text einer kommenden ganzen Reihe zu den verschiedenen Sinnesorganen, dreht sich alles um das Ohr. Um Hören und Zuhören, um Sound und Balance, und darum, wovon sowohl Geräusche als auch Stille erzählen können.

Wir sind umgeben von Geräusche, ganz gleich, ob wir uns auf dem Alexanderplatz in Berlin oder im Wald zwischen Pilzen aufhalten.

Sound dringt passiv in uns ein, ob wir das wollen oder nicht, denn der Hörsinn ist der einzige, der sich nie abschalten lässt. Sound ist etwas das passiert und auch etwas das wir machen. Sound ist Bewegung, die uns und unsere Umgebung berührt und bewegt.

Wir sind Sound

Manche Menschen sind ganz leise und machen kaum Sound, sie stehen einfach plötzlich neben dir. Von anderen Menschen hörst du hingegen jedes Geräusch ab dem Moment, dass sie vor dem Haus ihr Auto abschließen, die Treppe hochgerannt kommen und dann mit Trommelwirbel herein rauschen. Von manchen Menschen hörst du jede Emotion, die sie bewegt, während andere Menschen bei nichts eine Miene verziehen. Manche Menschen werden kirre von den Geräuschen, die andere Menschen machen. Ein Husten, Schlucken, Räuspern oder Schnarchen kann schmerzhaft sein für sehr empfindliche Ohren. Oder die Geräusche der Stadt, die Müllabfuhr, das Quietschen der Tram, das Brummen von Kühlschrank und Heizung oder das Bohren beim Zahnarzt. Und auf der anderen Seite sind da Menschen, die nur mit Hörspiel einschlafen können und die sich mit ASMR Videos beruhigen. Sound kann stören und krank machen und Sound kann ebenso heilen.

Und dann ist da noch der innere Lärm von Gedanken, Grübeln, Zweifel und Sorgen, den wir oft erst klar und deutlich hören, wenn es um uns herum mal still wird. Schließlich ist das Hören ein kognitiver Vorgang, sprich wir hören und verstehen mit dem Kopf.

Das menschliche Ohr ist ein Wunderwerk und zehnmal komplexer aufgebaut als ein Auge.

Das Außenohr fängt den Schall eines Geräuschs auf, bündelt ihn und leitet ihn zum Trommelfell, das zu schwingen beginnt. Dort verstärken die Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel im Mittelohr diese Schallschwingungen, wandeln akustischen Schall in mechanischen Schall um und leiten den Schall dann an das Innenohr weiter. Dort befinden sich die Hörschnecke (Cochlea) und das Gleichgewichtsorgan, die den mechanischen Schall in elektrische Signale und information umwandeln. Durch den Gehörnerv gelangt der Impuls schließlich ins Gehirn und wird als akustisches Ereignis wahrgenommen, dass wir dann als Sprache oder als Musik bezeichnen.

MED-EL Blog
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Bilder: Mittelohr mit Gehörknöchelchen und Innenohr mit Cochlea und Gleichgewichtsorgan (Quelle: MED-EL)

Sound ist Bewegung

Schall «macht« nicht nur etwas mit dem Ohr, er berührt unseren ganzen Körper, bewegt den Spannungszustand der Haut und der Muskeln, schwingt in den mit Luft oder mit Wasser gefüllten Hohlräume des Körpers und vibriert in den Knochen.

Um uns im Raum orientieren und bewegen zu können, sind wir wieder im Innenohr, wo das Gleichgewichtsorgan, bestehend aus drei mit einer trägen Flüssigkeit gefüllten Bogengängen und feinen Sinneshärchen jede Bewegung unseres Kopfes mitmacht. Wobei jeder der drei Kanäle eine der drei Raumebenen bespielt: oben-unten, links-rechts und seitwärts. Die Informationen aus dem Gleichgewichtsorgan werden auch hier wieder ans Gehirn geleitet und von da aus an die Organe weitergegeben, für die sie relevant sind, zum Beispiel an die Augen oder an unterschiedliche Muskeln. Kommen nun widersprüchliche Infos im Gehirn an, so kann das zu Schwindel oder zu Übelkeit führen.

Im Grunde ist das menschliche Innenohr wie das Cockpit dieses Luftfahrzeugs, das unser Körper ist. Damit fliegen und steuern wir durch Raum und Zeit.

Und indem Sound unseren Körper berührt, berührt und bewegt Sound ebenso unsere Werte, Bedürfnisse, Emotionen, Handlungen, Gedanken oder Ideen.

Wenn du einen anderen Menschen anschreist oder rechthaberisch nur deine eigene starre Meinung in Form von harten Worten gelten lassen kannst, dann bewegt das sicherlich etwas anderes in dir und in deinem Gegenüber wie wenn du ruhig, entspannst und offen das teilst, was du sagen möchtest. Auch wenn das Gesagte vielleicht etwas mitteilt, was dein Gegenüber nicht so gerne hören möchte. Der Ton macht die Musik heißt es so schön.

Mit dieser Musik berühren wir andere Lebewesen, berühren wir Herzen und sind wir selber berührbar und damit auch verletzlich. Es scheint im Herzen eine Stille zu geben, mit der sich gut zuhören lässt. Die wir wahrscheinlich viel eher als »spüren« oder »fühlen« beschreiben würden, die letzten Endes jedoch ein Zuhören ist. Ich spüre einen anderen Rhythmus in mir, wenn ich meinem Herzen folge und ich mich dieser Spur anvertraue. An diesem mysteriösen Ort verbinden wir uns mit dem, was lebendig und heilig ist. Hier berührt und bewegt sich alles, hier hört sich alles die ganze Zeit zu.

Ich mache seit langer Zeit gerne Playlistzzz, die heißen KPMusic und du findest sie auf Spotify und auf meiner Webseite.

Warum? Weil ich Musik liebe und weil ich Bewegung zu guter Musik aka Tanzen liebe. Weil ich Musik gerne teile. Weil es Spaß macht und weil ich gerne damit koche oder abspüle. Weil es Lieder und Stimmungen einfängt, die ich in bestimmten Phasen meines Lebens gerne gehört habe. Weil ich dafür gerne Zeichnungen mache. Weil mein Wohlbefinden es braucht, Emotionen zu folgen, mich damit treiben zu lassen und damit etwas zu machen, was ich liebe und schön finde: Bewegung und Ausdruck.

Hier kannst du die neueste Playlist auf Spotify anhören – KPMusic Vol. 48 🌀 Enjoy.

(Veröffentlicht am 02.11.2024 auf Matristische Moderne via Steady)